Die 70 (Jahr-)Wochen Daniels

Wann beginnen die 70 prophezeiten Wochen aus Dan 9:24-25 («Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen…»)

Möglich scheinen

• Der Erlass, den Tempel zu bauen im ersten Jahr des Kores (Esr 1:1-4, Esr 5:13-14, Esr 6:3-5, 2. Chr 36:22-23, Jes 44:28), 538 v. Chr.?
• Der Erlass, den Tempel zu vollenden im zweiten Jahr von Darius (Hag 1:1 ff), wo der HERR befieht, das Haus zu bauen (Hag 1:8), vgl Esr 4:24, Esr 6:1-12
• Vollendung des Baus des zweiten Tempels im sechsten Jahr des Darius (Esr 6:7-15), 520/519 v. Chr.?
• Siebtes Jahr von Artasasta (Esr 7:7 / Esr 7:11-16), 458 v. Chr.?
• Der Aufbau der Mauern von Jerusalem im zwanzigstes Jahr von Artasasta (Neh 2:1-8), 445 v. Chr.?

In Esr 4:21 gibt Artasasta den Befehl, die Stadt nicht wieder aufzubauen. Damit hörte auch die Arbeit am Haus Gottes bis zum zweiten Jahr der Regierung des Königs Darius von Persien auf (Esr 4:24).

In Esr 7:23 erlässt er dann den Befehl, das Haus des Gottes des Himmels zu Bauen. Damit hat Artasastas seinen Befehl von Esr 4:21 nicht annuliert (Kenneth Frank Doig).

Offenbar bestand nicht genaue Klarheit darüber, ob diese 70 Jahrwochen am Stück verstanden werden müssen.

Insbesondere erlaubt die Formulierung in Dan 9:25 («sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen») möglicherweise einen Einschub einer nicht gezählten Periode.

Es wurde auch diskutiert, ob die Hasmonäische Zeit nach dem Makkabäeraufstand, wo die Juden Unabhängigkeit über Judäa erlangten, in diese 70 Jahrwochen einbezogen werden musste.

Eine weitere Unsicherheit ist, wie lang ein Jahr gezählt werden muss. Obwohl es naheliegend scheint, als Jahr eine Periode von 365.24 Tagen anzunehmen, wurde zum Teil argumentiert (Iulius Africanus?), dass sich diese Jahre 354 lang, gemäss dem Mond-Zyklus, seien.

Andere wiederum reden von einem sogenannten 360-tägigen prophetischen Jahr.

Es ist nicht klar, welches Ereignis mit «bis auf den Gesalbten, den Fürsten» gemeint ist.

War mit dem Gesalbten der Messias (hebr: Gealbter), der Sohn Davids, oder einfach ein gesalbter Priester oder Prophet gemeint.

Auch wenn mit dem Gesalbten der Sohn Davids gemeint ist, wäre immer noch unsicher, welches Ereignis am Ende der Jahrwochen stattfindet:

• Geburt des Messias.
• Die Bar Mitzwa des 13 jährigen Messias.
• Wenn der Messias 20 jährig ist und in die Armee eintreten kann.
• Wenn der Messias 30 jährig ist und als Priester dienen konnte.
• Die Krönung des Messias.

P. Zint, S. 17 schliesst die erste Möglichkeit wegen der 70 Jahre Ruhe aus 2. Chr 36:21 und die beiden letzten Möglichkeiten wegen der Unmöglichkeit, diese Daten biblisch zu errechnen, aus.

Es bleibt also das sechste Jahr des Darius.

Er rechnet die Jahre zu 360 Tagen (!). Er meint, die 69 Wochen begännen am 14. März 445 v. Chr. (Vgl sein Buch The Coming Prince)

Das 360-Tage Jahr wird mit dem Flutjahr und einer Stelle in der Offenbarung von Johannes begründet. Da die Offenbarung zu jemen Zeitpunkt gar nicht gegeben war, ist zweifelhat, ob jemand überhaupt die Prophetie verstanden haben könnte, wenn sie die Jahre tatsächlich zu 360 Tagen rechnete.

Floyd Nolen Jones gibt sogar an, dass Anderson bei der Berechnung der Schaltjahre einen Fehler beging: ein Viertel 476 (prophetischen) Jahre ergeben 119 Schaltjahre, von denen zog er 3 ab (nämlich die Jahre 300, 200 und 100 v. Chr, weil diese nicht durch 400 teilbar sind). Diese 400-er teilbar Regel gilt aber für den Gregorianischen, nicht aber für den Julianische Kalender, der damals noch galt.

119 Schaltjahre (statt Andersons 116) wären korrekt gewesen und Andersons Berechnung ist im besten Fall damit auch 3 Tage daneben.

Roger Liebi setzt den Beginn auf das zwanzigste Jahr von Artasasta. (Erlöst nach 4151 Jahren, S. 20)

Er erwähnt, dass die «Prophetie in engem Zusammenhang mit der Stadt Jerusalem steht. … Diest steht … im Gegensatz zum Aufruf zum Bau des Tempels unter Kyrus 2. Chr 36:22-23».

Achim Klein stellt die These auf, dass die 7 und die 62 Jahrwochen gleichzeitig beginnen, nämlich im Jahr 605 v. Chr., dem vierten Jahr Jojakims, wo auch die 70 Jahre babylonische Gefangenschaft beginnen.

Von diesem Zeitpunkt aus gerechnet kommt nach 7 Jahrwochen Kyros (556 v. Chr.) und nach 62 Jahren Antiochus Epiphanes (171 v. Chr.)

Interessant an dieser Sichtweise ist der Umstand, dass die Herrschaft von Antiochus 7 Jahre dauerte, also als Typus auf den endzeitlichen Antichristen interpretiert werden kann.

H. Schuchardt («Onesimus», Zeittafeln zur Bibel) nennt offenbar das Jahr 457 v. Chr. als Beginn der 70 Jahrwochen.

Gemäss Floyd Nolen Jones begannen die 70 Jahrwochen am 14. Nisan/2. April (Gregorianischer Kalender) des 20. Jahres von Artaxerxes oder 454 v. Chr.

Jones begründet diesen Zeitpunt damit, dass alle anderen möglichen Startpunkte nur mit dem Tempel in Verbindung stehen und die Mauern und Strassen erst im 20. Jahr von Artaxerxes eine Rolle spielen (z. B. Neh 2:17). (Mit dieser Begründung folgt er anderen Kommentatoren wie Petavius, Ussher, Lloyd, Marshall, Anderson, McClain, Walvord, D. Pentecost, Hoehner, Unger oder dem Kirchenvater Africanus).

Von diesem Datum an zählt er 483*365.242199 = 176'412 Tage und kommt auf den Sonntag, 10. Nisan/31. März 30 n. Chr. wo der Christus als Lamm ausgesucht wird.

In der jüdischen Chronologie wurde der zweite Tempel im Jahr 3828 zerstört, 490 Jahre nach der Zerstörung des ersten Tempels im Jahr 3338 (siehe z. B. sefaria.org).

Einige jüdische Ausleger beziehen diese 490 Jahre auf die 70 Jahrwochen von Daniel.

P. Zint, S. 200: Die meisten Ausleger unterstellen, dass die 70 Wochen in 7, 62 und 1 Woche unterteilt werden. P. Zint teilt diese Auffassung nicht. Stattdessen seien die 70 Wochen eine »göttliche Zeitangabe«, die »von Menschen nicht (mit einer Uhr) gemessen werden« kann (S. 201).